Zitatfälschungen: AZK greift auf Prof. A. Volger zurück (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Donnerstag, 01.05.2014, 14:32 (vor 3642 Tagen) @ H. Lamarr

"Die Behauptung einer Schutzwirkung der Grenzwerte ist als wissenschaftliche Falschinformation anzusehen. Dies entspricht rechtlich allen Merkmalen des Betrugs und schließt grob fahrlässige bis absichtliche Gefährdung und Körperverletzung ein."

Als Quelle des Zitats wird kurz eingeblendet (http://www.funkfrei.net/berichte/bericht15a.htm), das ist die seit 2009 im Netz stehende Website des Mobilfunkgegners Jochen Diefenthaler aus Memmingen.

Mal wieder: Dr. Wolf Bergmann
Das aalglatte AZK-Video ist die filmische Version des unsäglichen Heftchens gleichen Titels von Klaus Weber. Folglich taucht das Volger-Zitat auch in diesem Heftchen auf und diese Version ist denn auch identisch mit der Version im AZK-Video. Als Quelle nennt Weber jedoch nicht die Website von Diefenthaler, wie dies die AZK tut, sondern ein Pamphlet von Dr. Wolf Bergmann, Freiburg, aus dem Jahr 2008, das von der Website mobilfunk-buergerforum.de feilgeboten wird.

2010 stellte die Odenwälder Interessengemeinschaft für gesundes Leben Dr. med. Wolf Bergmann als Referent wie folgt vor: Facharzt für Allgemeinmedizin. Nach Studium und Klinik allgemeinmedizinische Praxis in München (1978 bis 1991). Seit 1991 in Freiburg, klassische Einzelmittelhomöopathie in Kassenpraxis. Dozent für Homöopathie in der Ärzteausbildung. Lehrauftrag an der Universität Freiburg (Naturheilwesen). Mitglied der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges, Ärzte in sozialer Verantwortung (IPPNW). Langjährige Beschäftigung mit Fragen der Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit. Intensive Beschäftigung mit Auswirkungen von Mobilfunkfrequenzen auf biologische Regelkreise seit 1998. Mitinitiator des Freiburger Appells.

Bergmann, er dürfte inzwischen auch schon über 70 sein, ist ein überzeugter Mobilfunkgegner der ersten Generation, das heißt, er verbreitet bevorzugt ungeprüft und ohne Quellennennung jedweden Quatsch über Mobilfunk, einziges Selektionskriterium: es muss alarmierend sein. Der Homöopath hat es damit im IZgMF-Forum zu etlichen Einträgen gebracht.

Spur verläuft im Sand
Auch diese Spur zum Original des Volger-Zitats endet im Pamphlet von Bergmann abeupt, denn er hält es nicht für nötig, die Quelle seiner Behauptung zu nennen (wahrscheinlich hat er bei W. Sönning abgeschrieben). Als das IZgMF 2002 in die Anti-Mobilfunk-Szene eingestrahlt wurde, war dieses Behaupten ohne nachvollziehbare Quellenangaben dort gang und gäbe - und für uns von Anfang an ein großes Ärgernis. Die 2003 entstandene IZgMF-Website war deshalb die erste Anti-Mobilfunk-Website, die mit dieser Tradition brach und konsequent Quellen nannte. Heute sind Quellenangaben auch auf Hetzseiten zum Standard geworden. Die oben geschilderten Hintergründe des Volger-Zitats zeigen jedoch, Quellenangaben sind noch lange keine Garantie für Seriosität. Alle Quellenangaben zum Volger-Zitat verlaufen spätestens 2001 im Sand. Ob Prof. Volger die Aussage je getroffen hat und wenn ja wann und wo ist im www an keiner Stelle dokumentiert.

Nur eine einzige Fundstelle mit Originaltext von Volger
Den einzigen angeblich von Prof. Volger selbst stammenden Text zur Sache habe ich in diesem PDF gefunden. Das PDF wurde 2009 angefertigt, es enthält eine Stellungnahme Volgers aus dem Jahr 2000 zu den "Grenzwerten für Sendeleistungen im Mobilfunk". Von Sachkunde zeugt der Text jedoch nicht und das besagte Zitat findet sich auch dort nicht. Mit Phantasie und Skrupellosigkeit ausgestattet kann man aus dem PDF jedoch Begriffe extrahieren und das plakative Zitat daraus zusammen stückeln. Mobilfunkgegner wie ich sie kennen gelernt habe zögern keine Sekunde, diese verwerfliche Methode der Zitatgewinnung im Dienst "der guten Sache" zu praktizieren.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Freiburg, Homöopathie, Bergmann, Appell, AZK, Senioren, Hobby, Selektion, Diefenthaler, Volger


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